Das Fediverse – Social Media jenseits von Facebook, Instagram & Co

Alternativen praxistauglich erklärt oder wie wir uns unabhängiger machen können

Online Workshop der Webgrrls am 30. Oktober 2025

Digitale Räume sind nicht neutral: Sie sind gestaltet, kontrolliert und oft durchkommerzialisierte Plattformen. Deshalb haben wir uns bei einem gemeinsamen WebGrrls-Workshop mit einer ganz konkreten Alternative beschäftigt: dem Fediverse. In einer interaktiven Session mit drei Referentinnen haben wir zentrale Aspekte beleuchtet:

  • Was ist das Fediverse?
  • Wie funktioniert es?
  • Und warum ist es gerade für Selbstständige, Kreative und Organisationen spannend, die digital unabhängig bleiben wollen?

Referentinnen

Worum ging es konkret?

1. Einführung ins Fediverse – was steckt dahinter?

Das Fediverse ist ein dezentrales Netzwerk aus verschiedenen, miteinander verbundenen Plattformen – zum Beispiel Mastodon (Microblogging), Pixelfed (Bilder), PeerTube (Videos) oder Friendica (ähnlich wie Facebook). Im Gegensatz zu Plattformen wie Twitter oder Instagram werden diese Dienste nicht zentral von einem Unternehmen kontrolliert, sondern über viele unabhängige Server betrieben, die miteinander kooperieren

Nutzer*innen behalten dadurch mehr Kontrolle über ihre Daten, ihre Inhalte und ihre Communities. Außerdem bietet das Fediverse mehr Transparenz, keine Tracking-Werbung und eine lebendige, vielfältige Struktur abseits kommerzieller Interessen.

2. Soziale Dynamiken und Communityfragen

Soziale Netzwerke bestehen nicht nur aus Technik, sondern aus Menschen und daraus ergeben sich neue Fragen:
Wie entsteht Gemeinschaft ohne zentrale Steuerung? Wie geht das Fediverse mit Moderation, Diskriminierung oder Hatespeech um?

Im Workshop wurde deutlich:

  • Das Fediverse lebt von verteilten Verantwortlichkeiten. Jede Instanz legt eigene Regeln fest, moderiert Inhalte individuell und kann andere Instanzen blockieren.
  • Das schafft Freiräume, aber erfordert auch aktives Mitdenken und Engagement.

3. Daten, Sicherheit und digitale Selbstverteidigung

Zentrale Plattformen wie Meta oder TikTok finanzieren sich fast ausschließlich durch Nutzertracking, Profilbildung und personalisierte Werbung.
Ein großer Teil dieses Geschäftsmodells läuft über Real Time Bidding: Daten wie Standort, Gerät, Scrollverhalten oder Interaktionen werden in Millisekunden versteigert nicht an einzelne Werbepartner, sondern an Dutzende Datenhändler gleichzeitig.

Diese Art der Datenverwertung ist nicht nur massiv intransparent, sondern aus sicherheitstechnischer Sicht höchst riskant:

  • Die Datenberge sind ein beliebtes Ziel für Angriffe
  • Inhalte und Verhaltensdaten werden auch für das Training von KI-Modellen verwendet
  • Plattformen agieren rechtlich oft außerhalb der Reichweite europäischer Datenschutzvorgaben

Im Gegensatz dazu ist das Fediverse von Grund auf datensparsam konzipiert:

  • Es gibt keine kommerziellen Interessen an Datenweitergabe
  • Es gibt keine zentralen Datenbanken mit Bewegungs- oder Verhaltensprofilen
  • Die Datenhoheit liegt bei den Betreiber*innen ,oft Einzelpersonen oder gemeinnützigen Kollektiven

4. Mastodon – ausgezeichnet und alltagstauglich?

Ein Fokus des Workshops lag auf Mastodon, dem bekanntesten Dienst im Fediverse – und Gewinner des Grimme Online Awards 2024.
Mastodon ist ein Microblogging-Dienst, der in vielen Bereichen ähnlich funktioniert wie Twitter (kurze Beiträge, Reaktionen, Threads), aber keine Werbung, keine Algorithmen und keine zentralen Empfehlungsmechanismen verwendet.

Vorteile von Mastodon im Überblick:

  • Keine personalisierte Werbung oder Profilbildung
  • Keine zentralen Gatekeeper: Sichtbarkeit entsteht durch Austausch, nicht durch Bezahlung
  • Instanzen mit klaren inhaltlichen und ethischen Positionierungen möglich
  • Höheres Maß an Barrierefreiheit und Offenheit für Open-Source-Communities

Herausforderungen:

  • Etwas höhere Einstiegshürde (z. B. Wahl der Instanz)
  • Weniger Reichweitenmechaniken für schnelles Wachstum
  • Moderation und Community-Regeln sind von Instanz zu Instanz unterschiedlich

Unser Fazit: Mehr wissen, besser entscheiden

Wir müssen nicht auf zentralisierte Plattformen angewiesen sein.
Es gibt funktionierende, ethisch tragfähige und technisch solide Alternativen, die Vielfalt fördern, Daten schützen und auf Mitsprache statt Überwachung setzen.

Das Fediverse ist kein Ersatz für alles – aber ein wertvolles Stück digitaler Unabhängigkeit.

Wir bedanken uns herzlich bei unseren drei Referentinnen Anna, Ester und Patrice, für die klugen, kritischen und lösungsorientierten Impulse und bei allen Teilnehmerinnen für den regen Austausch!

Links & Empfehlungen aus dem Workshop

Neugierig geworden?

Die WebGrrls planen weitere Veranstaltungen rund um Themen wie Open Source, digitale Selbstbestimmung, Datenschutz, barrierearme Tools und souveräne IT-Nutzung im Business-Alltag. Wenn du dich einbringen möchtest – als Teilnehmerin oder Referentin – melde dich gern bei uns!

Kontakt: anmeldung@webgrrls.info

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